Recons

Monismus, Henotheismus, Polytheismus…. Oder was?! (UPG)

Ich stoße immer mal an den Punkt an dem ich mich frage (oder von anderen gefragt werde), wie mein Weltbild eigentlich gestrickt ist.
Bin ich Polytheistin? Monistin? Henotheistin?… Oder was völlig anderes?
Ich bin mir da selbst nicht einig.-Und ich habe wohl auch den Eindruck, dass meine Abneigung gegen gewisse Begriffe, die mit „Mono“ zu tun haben vielleicht auch damit zusammenhängt, dass gern behauptet wird, dass Mann und Frau nur dann „echte“ und „ernstzunehmende“ Heiden seien, wenn sie mehr oder weniger „harte“ Polytheisten sind.
Ist man das nicht, dann hat man einfach nur dem christlichen Pfad einen anderen Anstrich gegeben.-Und ist damit alles andere, nur kein/e Heide/in

Aber das ist ein anderes Thema.

Die Wikipedia beschreibt die Begriffe (im Kurzen) wie folgt:

Monismus
Der Monismus ist die philosophische oder metaphysische Position, wonach sich alle Vorgänge und Phänomene der Welt auf ein einziges Grundprinzip zurückführen lassen. Der Monismus bezieht damit die Gegenposition zum Dualismus und Pluralismus, die zwei oder viele Grundprinzipien annehmen. In der Religion stehen monistische Lehren oft dem Pantheismus oder dem Panentheismus nahe, der eine Gegenwart (Immanenz) des Göttlichen in allen Erscheinungen der Welt sieht.

[…] In der Philosophie ist oft die Rede von „Substanzen“, aus denen die Welt besteht. Während der philosophische Dualismus meist zwei Substanzen – Geist und Materie – annimmt, geht der Monismus von der Existenz nur einer Substanz aus.
Es lassen sich drei grobe Richtungen des Monismus identifizieren:

  1. Materialismus oder Physikalismus, wonach alles Materie ist und nur physikalische oder materielle Objekte und Wirkungen real sind. Dies ist die in der Neuzeit mit Abstand populärste Ausprägung des Monismus.
  2. Idealismus oder Phänomenalismus, wonach alles Geist ist und nur geistige Vorgänge real sind. Eine Variante dieser Auffassung wurde beispielsweise von George Berkeley vertreten. Die „idealistische“ Ausprägung des Monismus findet sich heute nur noch selten.
  3. Neutraler Monismus, wonach sowohl physikalischen als auch geistigen Vorgängen ein drittes, unabhängiges Prinzip zugrunde liegt.

[…] Eine der wichtigsten Richtungen der indischen Philosophie ist der Vedanta:

Henotheismus
[…] bezeichnet den Glauben an einen höchsten Gott, was jedoch im Unterschied zum Monotheismus der abrahamitischen Religionen die Verehrung anderer untergeordneter Götter nicht prinzipiell ausschließt. Neben dem Begriff des Henotheismus wird „Monolatrie“ mit gleicher Bedeutung verwendet.

[…] Der Henotheismus wird oft als eine Sonderform des Polytheismus betrachtet, vor allem im Hinduismus; zugleich gilt er als der logische Zwischenschritt zwischen Polytheismus und Monotheismus – zunächst wählt man aus dem Pantheon eine Gottheit aus, zu der man in eine besonders enge Beziehung tritt, diese wird dann bald als besonders mächtig angesehen, bis schließlich den übrigen Göttern ihre Göttlichkeit abgesprochen wird.

[…] Friedrich Max Müller beschrieb den Henotheismus im Zusammenhang mit der indischen Religion: Wenn ein Mensch von einer überwältigenden, transzendenzeröffnenden Erscheinung getroffen wird, dann verehrt er diese als Gott, und zwar als einzigen und höchsten Gott. Diese Verehrung ist ganz situationsbezogen: Wenn sich die Erscheinung verliert, dann verliert sich auch das entsprechende religiöse Wesen in seiner Einzigartigkeit. Der Gott hat also noch keine Konstanz. Damit tritt der Henotheismus nach Müller entwicklungsgeschichtlich vor dem Polytheismus auf.

Monolatrie
Unter Monolatrie (aus griech.: μόνος monos „einzig“ und λατρεία latreia „kultische Verehrung“) versteht man die Verehrung nur eines einzigen Gottes an einem bestimmten Ort oder bei einem bestimmten Stamm oder Volk, ohne dass die Existenz anderer Götter verneint wird. Dafür wird auch die Bezeichnung Henotheismus gebraucht.

Hmm… Tja…
Wie legte Goethe seinem Faust in den Mund:
„Da steh ich nun, ich armer Tor,
und bin so klug als je zuvor.“

Schau ich mir noch mal den Artikel bezüglich Polytheismus an, dann steht da:

Polytheismus (von griechisch πολύς polys ‚viel‘ und θεοί theoi ‚Götter‘), auf Deutsch auch als „Vielgötterei“ bezeichnet, ist religiöse Verehrung einer Vielzahl von Göttern oder Geistern.

Die meisten Religionen des Altertums waren polytheistisch und verfügten über ein jeweiliges Pantheon traditioneller Gottheiten, häufig angereichert mit Gestalten aus jahrhundertealten kulturellen Begegnungen und Erfahrungen.

[…] Heutige polytheistische Religionen sind allen voran der Shintō, Bön, Santería, Candomblé und einige Formen von Wicca, Voodoo, Asatru und Keltismus. Hindus sind entgegen einer noch immer verbreiteten Annahme keine Polytheisten. Der vedische Hinduismus (ca. 1200–600 v. Ch.) war vermutlich eine polytheistische oder henotheistische Religion, allerdings hat sich in nachvedischer Zeit ein Monismus und Monotheismus entwickelt. Von außen betrachtet scheint die Götterwelt vielfältig. Folgendes kurzes Gebet, in verschiedenen Variationen bekannt, drückt aber das hinduistische Verständnis vom Göttlichen, hier weiblich gesehen, aus:

„Wie die Sonne, die sich in den Teichen spiegelt, als ungezählte Sonnen erscheint, so erscheinst auch du, O Mutter, als viele – Du Eine ohne Zweites, Höchstes Brahman!“

– Mahakalasamhita

Sämtliche Upanishaden setzen sich mit dieser „Einheit in der Vielfalt“ auseinander.

[…] Dass eine Person an mehrere Götter glaubt, deutet nicht an, dass er sie alle notwendigerweise gottesdienstlich verehrt. Zahlreiche Polytheisten glauben an eine Vielfalt von Göttern, aber verehren nur einen. Diese Variante des Polytheismus wird Henotheismus genannt. Einige sehen im henotheistischen Polytheismus eine Form des Monotheismus, einige Historiker meinen, die monotheistischen Religionen seien im Henotheismus entstanden.

Zum Thema Hinduismus und Polytheismus findet man in der englischen Wikipedia den recht interessanten Satz:


Hinduism is sometimes included in this listing; but despite the presence of polytheistic elements it is contains pantheistic and monotheism ones as well and has been classed as a „pantheism with polytheistic elements“

Nun ja… hat man sich etwas intensiver mit dem Thema Hinduismus auseinander gesetzt, dann kann man sich leicht denken, dass diese „Problematik“ alles andere als So „feststehend“ ist und es unwahrscheinlich viele „Spielformen“ „des“ Hinduismus gibt (in dem Diskussionsteil dieses Artikels wird das auch recht deutlich) . … Aber das ist wohl eine ganz andere Geschichte.

Doch zum eigentlichen Thema der „Selbstdefinition“ zurück.
Es stimmt, eines meiner „Glaubenssätze“ geb ich ganz gerne mit dem sowohl von  Apuleius in „Der goldene Esel“ und u.a. von Marion Zimmer Bradley in ihrer Avalon-Saga übernommenen (und etwas abgewandelten) Satz wieder:

„Alle Götter sind ein Gott,
alle Göttinnen sind eine Göttin
und zusammen sind sie Eins/bilden Sie das Göttliche“

Dies Aussage (die vor allen Dingen „hardcore“-Polytheisten gerne das Messer in der Tasche aufgehen lässt) ist einer der Gründe, warum ich von anderen sehr gern in die „Ecke“ von Monisten, Henotheisten oder (eigentlich nur verkappten) Monotheisten gestellt werden.

Ich gebe zu, dass es vermutlich so wirkt, wenn man es sich einfach macht und oberflächlich betrachtet. Doch für mich ist es deutlich komplexer und vielschichtiger in seiner Bedeutung.
Hmmm… Für mich spielt die Trinität, die sich darin für mich wiederspiegelt eine sehr große Rolle (gibts dafür eigentlich einen Begriff?! X-D ):

Gott(=Götter)
Göttliches
Göttin(=Göttinnen)
Oder:

Männliche Urkraft (/-energie)
DIE Urkraft (/-energie) an sich
Weibliche Urkraft (/-energie)
Oder:

Männliche Schöpfungskraft
DIE Schöpfungskraft an sich
Weibliche Schöpfungskraft
Oder

(unmanifestes) Männlich-Göttliches
(unmanifestes) Göttliches an sich
(unmanifestes) Weiblich-Göttliches

Oder mein(!) Verständnis von
(Para) Shiva
(Para) Brahman
(Para) Shakti

Mein Erleben mit „meinen“ Hohen und die … hmmm… (es klingt vielleicht etwas „hochtrabend“) rein persönlichen „Offenbarungen“ „meiner“ Göttlichen haben mich zumindest zu der Erkenntnis gebracht, dass „hinter“ den individuellen, ganz unabhängig von einander existierender Götter und Göttinnen noch zwei Kräfte gibt, die alles und doch nichts von Ihnen ist:
Die weiblich-göttliche und die männlich-göttliche Quelle, die formlos ist und doch alle Formen in sich beinhaltet, so wie beide Quellen zusammen wiederum DIE Göttliche Quelle an sich bilden (wenn Sie sich vereinen), die pure, reine, potenzielle Schöpfungsenergie ist, die männlich UND weiblich, und doch geschlechts- und formlos ist.

Im Allgemein wird ja gern behauptet, dass sich Polytheismus und der Glaube an „die Vielfalt in der Einheit/die Einheit in der Vielfalt“ total wiedersprechen, zumal dies bedeuten würde die Einzigartigkeit und Individualität der Persönlichkeiten der einzelnen Götter nicht (wirklich) erfahren oder nicht würdigen zu können.-Zumindest begegnet mir diese Position in Teilen der deutschsprachigen, heidnischen Community.

Ich denke, dass das eine das andere durchaus einschließen kann, zumal die Definition von Polytheismus ja erst Mal nichts anderes bedeutet, als die Verehrung von vielen (individuellen, charakterlich unterschiedlichen) Göttern und Göttinnen.

Und betrachte ich meinen komplexen Pfad… Dann bin ich wohl deutlicher „Poly“ als „Heno“ oder „Mono“ *G*.

Im Laufe meiner fast 20 Jahre, die ich meinen Weg nun gehe, sind Götter und Göttinnen aus unterschiedlichen Pantheonen zu mir gestoßen.
Unter anderem natürlich mein Ganeshji, Mata Durga, Lakshmi und Saraswati.
Hinzu kommen aus dem ägyptischen Bastet, Anubis, Sia, Imentet und Hu; Hestia aus dem griechischen und Dana, Ceridwen, Brighid, Cernunnos und Cathubodva aus dem keltischen.

Und ich sehe, spüre und erlebe bei Jeder und Jedem von Ihnen Ihre und Seine unterschiedliche Persönlichkeit und den individuellen Charakter. Und gleichzeitig haben Sie mich zu der Erkenntnis geführt, dass Sie alle miteinander verbunden sind:
Die Götter durch Ihre männliche „Energie“ und „Göttlichkeit“, sowie die Göttinnen durch Ihre weibliche „Energie“ und „Göttlichkeit“. Und dass Männlich und Weiblich zusammen DIE schöpferische, form-und geschlechtslose Macht des Seins darstellen.
Wenn ich es etwas abstrahieren würde, würde ich versuche es vielleicht mit uns Menschen zu erklären suchen:
Die Menschheit (=das Göttliche an sich), besteht aus Frau (=Göttin) und Mann (=Gott). Jede Frau ist individuell, einzigartig und eine eigenständige Persönlichkeit.-Ebenso ist es jeder Mann. Doch bilden sie zusammen Eines: Eben die besagte Menschheit.

Oder um es etwas mehr zu abstrahieren:
Wir haben Äpfel (=Frauen=Göttin) und Birnen (=Männer=Götter). Sowohl Äpfel als auch Birnen unterscheiden sich voneinander, sowie sich jeder einzelne Apfel und jede einzelne Birne untereinander unterscheiden.
Und trotzdem sind sie zusammen Obst ;).

Hmmm… für mich ist auf meinem Pfad außerdem sehr, sehr wichtig, dass ich weder (irgendeine) Göttin noch (irgendeinen) Gott als „höher“ über andere Gottheiten stehend betrachte.
Auch wenn ich ehrlich zugeben muss, dass nicht alle Gottheiten meines Mix-Pantheons dieselbe Aufmerksamkeit erhalten.-Aber dann sind das immernoch… öhm… acht…

*seufz*
Hmm… viel schlauer als vorher bin ich ehrlich gesagt immer noch nicht.
Vielleicht bin ich gar nix von all dem XD, und ich muss eine andere Defintion finden?!

Nichts desto trotz muss ich wohl zugeben, dass ich der englischen Wikipedia schon etwas abgewinnen kann, wenn dort vom „Pantheismus mit  polytheistischen Elementen“ spricht.

Nun… wie dem auch sei… Ich denke völlig abschließend werd ich die Frage nach der „Selbstbezeichnung“ wohl nicht klären können.
Vermutlich liegt es in der Natur der Sache, denn wie ich so bei der Recherche zu den einzelnen Begriffen feststellen musste, ist wohl selbst in den (vergleichenden) Religionswissenschaften alles längst nicht so fest, wie es manchmal so dargestellt wird.  😀

BB+LG
Siat

Moola-Mantra: Om sat chit ananda


„Neue“ Götter-Gestalten

WordPress ist interessant.

Es ist schon eine Weile her, dass ich über andere Blogs, denen ich folge, mitbekam, dass in der (wenn ich es jetzt richtig im Kopf hab, es ist wie gesagt schon etwas her) amerikanischen Lokean-Community eine Diskussion darüber herrscht(e), ob man „Comic“-„Götter“ verehren dürfe. – In dem Fall ging es um Loki.
Ich erhielt z.T. den Eindruck, dass es schon an einem Sakrileg grenzte, solche Gedanken zu hegen, in Betracht zu ziehen oder gar diese Form eines Gottes als „angemessen“ zu betrachten.

Diese Diskussion habe ich mit Verwunderung und schon auch mit einem großen Interesse verfolgt.-Und mit einer gewissen Faszination, weil (mir) vor Augen geführt wird, wie konservativ manche Menschen oder „Kreise“ innerhalb „des Heidentums“ doch eingestellt sind.Ich stelle mir dann manchmal die Frage, ob „unsere“ Altvorderen da tatsächlich so einen Tanz aufgeführt hätten, wie er zum Teil heute veranstaltet wird.

Schau ich in „den“ Hinduismus (der für mich (mit anderen Ausnahmen) zu DEN tatsächlich, nachweislich ununterbrochen überlieferten heidnischen Traditionen zählt) dann beobachte ich, dass es diese Art von „Berührungsängsten“ dort offenbar nicht gibt. Sei es in der Darstellung der Göttinnen und Götter, aber auch in Hinblick auf Verfilmungen.
Es geht sogar soweit, das durch Filme wenig bekannte Gottheiten zu den hochverehrtesten Gottheiten werden können, wie es z.B. bei Santoshi Mata  der Fall war.

 

Bisher hab ich noch keine wirklich befriedigende Antwort darauf bekommen, warum es offenbar für  (manche) „neue Heiden“ so schwer zu sein scheint, sich mit „neuen“ Darstellungsformen oder „Erscheinugsweisen“ der Götter und Göttinnen anzufreunden.

Ja sicher, ich hab auch so meine persönlichen „Do-and-Don´t“s.-Aber letztlich erlebe ich es zumindest so, dass die Göttlichen viele Erscheinungsformen haben und annehmen können, und das es oftmals einfach „nur“ unser kleines, beschränktes Vorstellungsvermögen ist, das dieses und jenes für „unmöglich“ hält.

Mein Opa pflege zu sagen: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“-Ja, so erlebe ich es auch.

Vielleicht nützt es manchmal die Spannungen etwas rauszunehmen, wenn man sich vor Augen hält, dass die Göttlichen eben doch zu mehr fähig sind, als wir uns vorstellen können?

 

 

LG&BB
Siat


Reden wir einmal über Verantwortung

Eigentlich schwebte mir das Thema „Verantwortung“ für den Buchstaben „V“ vor *G*, aber das Thema spukt mir jetzt schon (wieder) seit einigen Tagen im Kopf herum, da es im Zusammenhang mit der Frage, was (wenn überhaupt) spirituelle Entwicklung kosten darf auftauchtauchte. Diese Frage wurde im Pan angestoßen und führte dann (zwangsweise ?) zum einen zu einer Art „wer hat Schuld, wenn wenn ein_e Unbedarfte_r (vielleicht noch psychisch instabile_r) Suchende_r in die Fängen eines missbräuchlichen Gurus gerät“-Diskussion , zum anderen aber auch dazu, dass Betroffene glaubten, sich in eine „selbst Schuld, dass Du so blöd warst, Dich mit einem Guru eingelassen zu haben“-Ecke gestellt zu sehen.

Spiritualität, die Suche nach der einer spirituellen Heimat, das Bedürfnis eine Religion, eine Weltanschauung oder einen anderen spirituellen Pfad zu finden, der einen inneren Frieden, innere Ausgeglichenheit und ja, sowas wie die Befriedigung der spirituellen Bedürfnisse gibt, sind schon recht delikate Themen, weil sie das Innerste eines jeden Menschen berühren (können).
Und die extrem breitgefächerten Themenbereiche des (spirituellen) Lernens, Lehrens und der damit verbundenen Thematik der Verantwortung gleichen dementsprechend einem emotionalen Minenfeld.-Zumindest entspricht dies meiner Wahrnehmung ;).

Trotzdem find ich, dass es wichtig ist, sich mit diesen Themen auseinander zu setzen und darüber zu sprechen.

Von Suchenden und Bauernfängern
Hört man sich in der „Szene“ so um, so gibt es mindestens genauso zahlreiche Menschen, die mit (spirituellen) Seminaren, Gemeinschaften (Coven, Logen, Orden… die Auswahl ist riesig) und/oder sonstigen Angeboten positve und für sie weiter führende Erfahrungen gesammelt haben wie jene, deren Erfahrungen zum Teil so schlimm waren, dass sie tief erschütternde Traumen erlebten., weil ihre Suche sie in psychische Abhängigkeit, körperlichen und seelischen Missbrauch und/oder an den Rand ihrer Existenz gebracht hat, weil sie auf Menschen/Gemeinschaften gestoßen sind, die ihre Notlage, ihre Selbstfindungskrise, o.ä. auszunutzen wussten.


Die Schuldfrage

Sowohl die Mehrheit derjeniger, die auf die eine oder andere Weise mit Opfern konfrontiert sind, als auch der Opfer neigen dazu nach „Schuld“ zu suchen. Ein völlig ligitimer und normaler Vorgang, wie ich finde. Grade dann, wenn man beginnt, sich mit den Vorgängen auseinander zu setzen und dies zu Verarbeiten.

Allerdings bin ich (mittlerweile) der Meinung, dass dieses „Schuldsuchen/Schuldzuweisen“ mit einer gewissen Vorsicht zu genießen und nicht wirklich Zielführend ist.
Um kurz deutlich zu machen, was ich unter „Zielführend“ verstehe: Die psychische Gesundung/Heilung der-oder desjenigen, die/der physische und/oder psychischen Missbrauch und/oder Misshandlungen durch einen Pseudo-Guru*  erlebt hat.

Schuldzuweisungen sind schnell gemacht.- Vor allen Dingen weil sie sehr einfach sind. Allerdings führt dies meiner Meinung nach in der Regel aber eher dazu, dass man den WIRKLICHEN Ursachen und Gründe, warum man für einen Pseudo-Guru empfänglich war/ist, für bestimmte Angebote empfänglich war/ist usw. gar nicht erst auf den Grund geht, sich diese ansieht.
Das gesamte „Geschehen“ um „böser Guru“-„armes Opfer“ halte ich persönlich als deutlich komplexer und komplizierter, als die Annahme, das der „Meister“ quasi grade zu nur mit dem Finger schnippen braucht, damit im seine Opfer *schnipp* in die Falle gehen.

Opfer-Prädisposition?!
Nachdem ich mich gezwungener Maßen aus eigener Betroffenheit über einen längeren Zeitraum sowohl mit mir selbst als auch mit  (m)einer Therapeutin mit diesen Themen auseinander gesetzt habe, bin ich zu der Ansicht gekommen, dass es auf der einen Seite tatsächlich Menschen gibt, die soetwas wie „optimale Opfer“ sind und eben andere, die gegenüber vermeitlicher „Gurus“ unempfindlich sind.

Ich bin der Ansicht, dass ein Menschen, der Opfer eines Pseudo-Gurus wird, schon vorher seine Probleme hat.
Diese können bewusst oder vollkommen unterbewusst sein, und müssen sich noch nicht mal zwangsweise in einer tatsächlichen psychischen Erkrankung oder auf eine andere Art limitierend im Leben äußern (Menschen z.B. mit einer ausgeprägten Manie, einem ausgeprägten Helfersyndrom oder dem drängenden Bedürfnis nach Liebe und Harmonie fühlen sich nicht zwangsweise „krank“, in ihrer Lebensqualität eingeschränkt oder unglücklich! Oder kämen gar auf die Idee, das sie vielleicht „ein Problem“ haben könnten).

Und dennoch können diverse Glaubens-(dh. Denk-) und Verhaltensmuster vorhanden sein, die sich bei genaueren (und ehrlichen!) Betrachtung problematisch auf die unterschiedlichsten Lebensbereiche, auf das eigene Selbst, die Wahrnehmung usw. usf. beziehen können.
Vielfältiger Faktoren (Erziehung, (vorherige) Religion, Traumata, (unerfüllte) Sehnsüchte und Wünsche usw. usf.) im Leben eines Menschen können ihn, so ist meine derzeitige Ansicht, besonders anfällig für diverse (Heils)Versprechen, Weltanschauungen, Informationen u.ä. machen.
Im Gegensatz dazu stehen anderen Menschen, die in sich gefestigt sind, wissen, wo sie stehen und wo sie hinwollen und sich daher nicht so leicht die eigene Wahrnehmung, (inneren) Wahrheiten, Standpunkte etc. absprechen und nehmen lassen.

Ein „perfektes Opfer“ ist nicht einfach nur „ein_e Suchende_r“, sondern es sind meiner Meung nach besonders Mensch, der in sich (bewusst oder unbewusst) instabil ist.
Menschen, denen es an Selbstwert, Selbstliebe und Verständnis für sich selbst und die eigenen Bedürnisse mangelt.
Menschen, die sich davon abhängig machen was andere (z.B. von ihnen) denken.-Wobei es auch hierbei Gründe gibt, die auf den ersten Blick gar nicht so ersichtlich sind.
Menschen, die es nie gelernt haben/nie lernen konnten (z.B. auf Grund einer überbeschützenden Bezugsperson (muss ja nicht immer die Mutter sein)) selbstständig und selbstverantwortlich zu sein.
Menschen, die ganz typisch in das Bild des Co-Abhängigen gehören, denen Harmonie und das „Wohl des anderen“ über alles andere gehen.
Menschen, die in Lebenskrisen stecken (die ja auch oft mit Selbstwert, Selbsterkenntnis, den EIGENEN (egoistischen) Bedürfnissen, Wünschen und Sehnsüchten zusammen hängen) usw. usf..

Auf der Suche zu sein bedeutet dagegen für mich nicht zwangsläufig, das der-oder diejenige eine Art „Prädisposition“ besitzt, einem Pseudo-Guru auf dem Leim zu gehen. Das dies aber nicht der Fall ist, wird eben durch viele andere Beispiele widerlegt.

Der „passende“ Guru
Ich persönlich halte es für möglich, dass jede_r „seinen/ihren Meister“ hat, der ein Gespür dafür für die tiefesten inneren (oft auch verborgenen) Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse hat, und an dem es ihm (oder ihr) möglich ist/sein wird einen „zu bekommen“.Die Frage ist lediglich, ob uns unser Meister je über den Weg läuft.

Für mich steht außer Frage, dass ein Pseudo-Guru, der seine „Macht“ über einen Suchenden/Interessierten missbraucht, selbst seine (psychischen) Defizite hat. Seien sie der Natur, dass er darüber seinen Selbstwert aufpoliert, oder er von der Aufmerksamkeit des anderen zehrt… Oder schlicht und ergreifend andere seiner/ihre eigenen (physischen und psychischen)  Bedürfnisse befriedigt.  Vielleicht hat er/sie aber auch selbst Missbrauch und Misshandlungen erlebt und wird (weil er/sie es nicht verarbeitet und verdrängt hat) selbst vom Opfer zum Täter. Auch hier sind der Möglichkeiten viele.

Ohne Pseudo-Gurus auf einen Sockel heben zu wollen, denke ich, dass sie eine Art „Antenne“ oder einfach ein sehr feines Gefühl dafür haben, sehr schnell heraus zu finden wo und wie sie einen Suchenden/Interessierten „kriegen“ können. Wie die ganzen Mechanismen funktionieren *G* ist schon wieder ein völlig anderes Thema und sprengt diesen Rahmen. Wer sich aber näher dafür interessiert, dem sei nahe gelegt, sich mit den Mechanismen rund um die Themengebiete „(psychologische) Glaubenssätze“, „Co-Abhängigkeit“, „Ego-States“ und auch „Trauma“ (um nur einige zu nennen) auseinander zu setzen.
Aus eigener Erfahrung muss ich sagen, dass es Pseudo-Gurus gibt, die ganz bewusst ihre Opfer manipulieren, ganz bewusst und gezielt Techniken (z.B. NLP) benutzen, um ihre Ziele zu erreichen (natürlich rein zum „Wohl“ des anderen. Versteht sich, gell? 😉 ). Wieder andere ist es (vermutlich) nicht einmal bewusst, wie manipulativ sie sind und was sie anrichten.
Welche „Sorte“ ich schlimmer finden soll, welche mir mehr „Magengrummeln“ bereitet… Da bin ich mir ehrlich gesagt, selbst nicht ganz einig…
Vom Topf und seinem passenden Deckel
Treffen jetzt zwei dieser Menschen aufeinander, kann sich ein Abhängigkeits-und/oder Missbrauchsverhältnis entwickeln, das (wie ich meine) auf Gegenseitigkeit beruht.
Der Pseudo-Guru wird sich das Opfer suchen, welches am ehesten seinen Bedürfnissen entsprich, seine Bedürfnisse befriedigen und dem er im Gegenzug verkaufen kann, dass es seine Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte (nur) bei ihm befriedigen kann.

Das wird in etwa so lange „gut“ gehen, bis einer von den beiden Seiten merkt, dass das Erhoffe eben doch nicht vorhanden ist, die Versprechen nicht gehalten werden (können)…o.ä. Sich also nach und nach soetwas wie Ernüchterung einstellt.
Was jetzt aus dieser Ernüchterung entsteht (ob man sich trennt oder ob man zusammenbleibt)… nun, auch da spielen ganz unterschiedliche Faktoren (einschließlich der persönlichen Kompetenzen, der seelischen Stabilität und den Bedürfnissen, aber auch das soziale Umfeld) eine Rolle.
Von der Verantwortung für sich selbst-und für andere
Immer, wenn es um höchst emotionale Themen geht, bei denen es darum geht, das Menschen geschädigt worden sind, kommt es immer wieder vor, das eine gewisse Objektivität verloren geht.-Was meiner Meinung nach auch all zu verständlich ist.
Ich weiss, dass ich ein heißes Eisen in die Hand nehme, wenn ich jetzt zu den eigentlichen Punkten komme.
Die Problematik, die ich durchaus sehe ist die, dass es durchaus Menschen gibt, die nie die Chance hatten in frühen Jahren (d.h. in der Kindheit oder in der Jugend) die Verantwortung für das eigene Leben, für das eigene Tun, Lassen und für die eigenen Worte zu übernehmen.
Es gibt in der Tat Menschen, die in Verhältnissen aufwuchsen, die es für sie völlig normal machen, sich das eigene Leben, das eigene Denken und Handeln von anderen diktieren zu lassen.
Für die es normal ist, gelebt zu werden, statt selbst zu leben.
Und dennoch:
Die Verantwortung, die meiner Meinung nach jeder erwachsene Mensch für sich hat, ist zu hinterfragen. – Ob er diese Verantwortung wahr nimmt (ja sogar wahr nehmen kann) oder nicht. Ist letztlich eine Frage der Entscheidung, bzw. auch des Vermögens, Entscheidungen treffen zu können.

Zu dem Selbst-Verantwortung übernehmen gehört letztlich meiner Meinung nach auch, das man sein Unvermögen anerkennt, Entscheidungen nicht getroffen zu haben bzw. nicht die Möglichkeit oder besser, die Fähigkeit (denn auch das Treffen von Entscheidungen muss gelernt werden!) gehabt zu haben, Entscheidungen für sich selbst treffen zu können.

Ich empfinde es bei all den z.T. höchst einseitigen und einseitig Schuld zuweisenden Diskussionen wichtig, dass das Augenmerk auch einmal darauf gerichtet wird, das JEDER Mensch seine ganz eigene Verantwortung, seine eigene Lebens-Verpflichtung hat, die ihm von niemandem abgenommen werden kann.
Jeder von uns fällt in jeder Minute seine Entscheidungen und Nicht-Entscheidungen, ob uns das bewusst ist, oder auch nicht.
Schreibe ich einen Blogeintrag über das, was mir wiederfahren ist?-Oder tu ich es nicht? Mach ich mir jetzt noch eine Tasse Kaffee? Oder doch nicht?…
Geb ich dem Schmuse-Einforderungen unsres Katerchens nach? Oder vielleicht eher nicht?…
Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem wir keine bewussten oder unbewussten Entscheidungen treffen.

Der nächste Punkt, den ich als genauso wichtig empfinde ist, dass wir, wie bereits ansprach, von den „Schuldzuweisungen“ wegkommen.
Es gibt (für mich) keine Schuld.
Was es sehr wohl gibt sind Zusammenspiele von Verhaltens- und Denkmustern, sei es von den einzelnen Individuen aber auch von Gemeinschaften, der Gesellschaft, innerhalb von Familien … usw. usf.
Das sind z.T. hochkomplizierte „Gebilde“, „Verflechtungen“ usw. denen man mit einer reinen Schuldzuweisung meiner Meinung nach nicht gerecht wird.
Sicher, Schuldzuweiseungen vereinfachen vieles, auch den Umgang und z.T. auch die Verarbeitung.-Allerdings verleitet dies (meiner Meinung nach) eben auch sehr dazu, nur auf den anderen zu zeigen statt sich auch mit sich selbst, den eigenen Denk-und Verhaltensmustern, der eigenen Abhängigkeit von der Meinung und dem Denken anderer usw. usf. auseinander zu setzen.
Oder um es anders auszudrücken „Was siehest Du den Splitter im Auge Deines Bruders und wirst doch nicht gewahr des Balkens in Deinem eigenen?“!
Denn mit der Schuldzuweisung zu anderen können wir uns nämlich auch wunderbar von Selbstvorwürfen, dem eigenen Schmerz und nicht zu vergessen auch von den eigenen Schatten ablenken. – Um dies mal ganz stark zu vereinfachen.

 

Was kennzeichnet eine „echten“ Guru?!
Ich beantworte für mich die Frage unter anderem (!) damit, dass ein „echter“ Guru/Seminarleiter/sonstiges.. zum einen Mal seine seine eigenen Schwächen und Schatten kennt und er mit ihnen arbeitet.
Und ich sehe die Verantwortung eines „echten“ Gurus durchaus darin, das er fähig ist zu erkennen, wenn der/die Interessent/in Tendenzen zu psychischen „Defiziten“ hat, bzw. wenn er/sie dazu neigt, alles unhinterfragt als „Göttliches Wort“ hinzunehmen und ihn als „Meister“ überhöht.
Ein weiterer Punkt ist, dass ein „echter“ Guru einen Menschen zur Selbst-Verantwortung anhält und diesen darin unterstützt, diese (falls er oder sie diese Fähigkeit (noch) nicht besitzt) Kompetenz zu erwerben.-Ggf. mit professioneller Unterstützung!
Und ich empfinde es als Pflicht für einen solchen Guru, das er oder sie einem solchen mit psychischen und sozialen Auffälligkeiten,  dann nicht nur nahe legt, sich professionelle Hilfe zu suchen, sondern ihn oder sie darin ermutigt und unterstützt.-Soweit dies natürlich im Vermögen des Gurus selbst ist.
Als besonders wichtig empfinde ich vor allen Dingen auch, dass er oder sie seine/ihre eigenen Grenzen der Möglichkeiten anerkennt und diese mit dem Interessenten kommuniziert.
Und dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass der Guru/Seminarleiter… what ever u. U. die „Ausbildung“ dieser Person abbricht, wenn klar ist, dass die Folgen unabsehbar, unkontrollierbar oder gar die Person gefährdend sind.
Ein Guru/Lehrer/Seminarleiter… hat auch nur begrenzte Kapazitäten, schließlich ist er/sie auch ein Mensch. Und auch er/sie hat eben nicht nur die Verantwortung für seinen/ihren Schüler, sondern auch für sich selbst!

Ein Fazit?!
Puh, ein Fazit zu ziehen empfinde ich bei diesem Thema, bei dem es noch viel zu sagen gäbe, als recht schwierig.
Wenn es um die eigene (spirituelle) Weiterentwicklung geht, ist wohl einer der wichtigsten Schritte die Erkenntis, das kein anderer für uns und unser „Seelenheit“ verantwortlich ist, als wir selbst.
Uns nach einem (spirituellen) Lehrer/Begleiter umzusehen befreit uns nicht von dieser Verpflichtung und Verantwortung. Im Gegenteil.-Auch da sind wir immer wieder dazu angehalten, zu überprüfen und zu hinterfragen.
Ein „echter“ Lehrer sollte uns auf dem Weg zur eigenen Selbstbestimmtheit unterstützen.-Nicht limitieren.

LG
Siat

*Ich spreche von Pseudo-Gurus, weil „Guru“ in Sanskrit nix andres bedeutet als „Lehrer“  und es in der östlichen Spiritualität/Religion eben schlicht und ergreifend ein Titel für diejenigen ist, die das Wissen der entsprechenden Pfade weitergeben.